Buss Fertiggerichte: Kochen für die Konserve in Ottersberg (2024)

So mancher mag sich vielleicht an jenen etwas schrillen, aber einprägsamen Werbeslogan erinnern, mit dem das Ottersberger Unternehmen Buss Fertiggerichte vor mehr als 20 Jahren seine norddeutsche Spezialität Mockturtlesuppe im Radio anpries. Der deftige Suppentopf, auch als unechte Schildkrötensuppe bekannt, ist zwar auch heute noch vereinzelt im Supermarkt-Sortiment zu finden, im Portfolio von Buss aber spielt er keine große Rolle mehr.

Das Unternehmen, 1938 von Dietrich Buss als kleine Fleischerei in Bremen gegründet, seit 1975 Teil des Heristo-Konzerns, ist heute ein führender Hersteller für Fertigspeisen in Konservendosen und Schalen sowie für gekühlte Fertiggerichte. „Im Grunde sind wir nichts anderes als eine große Küche“ sagt Heristo-Vorstandsmitglied Marc Sodeikat beim Interview in einem Besprechungsraum des Ottersberger Unternehmens. Auf der Fensterbank sind die verschiedenen Verpackungsformen aus Dosen, Kunststoffschalen und Faltschachteln anschaulich aufgereiht.

Das Sortiment umfasst Konserven-Klassiker wie Steckrübentopf, Hühnersuppe oder „Omi’s Graupentopf“; dazu kommen Dosensuppen traditionell deutscher oder asiatischer Art. Den Trend zum schnell gemachten Fertiggericht, das nicht aus der Dose, sondern aus der Schale kommt, bedient man mit so genannten „Freizeitmachern“ wie Chili con Carne, Grünkohleintopf, Gratins, Aufläufen und Milchreis-Snacks. Seit gut zehn Jahren produziert Buss außerdem eine Eigenmarke mit asiatisch-indischem Streetfood namens „Youcook“. „Da folgen wir den modernen Trends der Verzehrgewohnheiten“, sagt Andreas Witte, 50 Jahre alt, seit 14 Jahren Geschäftsführer des Lebensmittelherstellers.

1200 verschiedene Artikel im Angebot

Die Kunden des Unternehmens mit 450 Mitarbeitern sind deutschlandweit agierende Discounter und Vollsortimenter des Lebensmittel-Einzelhandels wie Netto, Aldi, Rewe und Co. mit ihren entsprechenden Eigenmarken. Bei Buss selbst versteht man sich als regionaler Player, produziert wird ausschließlich in Ottersberg. „Unsere Exportquote liegt bei zehn Prozent“, betont Andreas Witte. Das Auslandsgeschäft ist überschaubar, neben dem deutschen Markt beliefert man noch Kunden in Frankreich, Österreich und der Schweiz.

Die Zahlen, die Andreas Witte und Marc Sodeikat per Beamer an die Wand des Besprechungsraums werfen, sind die mächtigen Zahlen einer industriellen Lebensmittelproduktion: Buss hat 1200 verschiedene Artikel im Angebot, die auf 450 eigene Rezepturen zurückgehen. Das jährliche Absatzvolumen beträgt 210.000.000 Einheiten, davon 160.000.000 in Konservendosen. Das Geschäft mit dem Verpackungsklassiker sei stabil, verrät Sodeikat.

Seit 14 Jahren ist Andreas Witte hier der Geschäftsführer.

Foto: Vasil Dinev

Einer, der verantwortlich ist für die reibungslosen Abläufe in der Lebensmittelfabrik, ist Betriebsleiter Heiko Lehrke, weißer Kittel, rotes Haarnetz, kräftige Stimme. Die braucht er auch, wie man beim Rundgang entlang der Produktionskette von der Vorbereitung der Zutaten über die Küche bis zur Haltbarmachung und Konfektionierung erfährt. Der Geräuschpegel aus vorbeirauschenden Gabelstaplern sowie ratternden Fließbändern und Maschinen drückt auf die Ohren.

In der Nähe der Kühllager hinter dem Wareneingangsbereich hängt der intensive Geruch großer Mengen frisch verarbeiteter Zwiebeln in der Luft. Auf einer Palette stehen etliche blaue Tonnen mit jeweils über 200 Kilogramm Tomatenmark aus Italien und Portugal. Auch andere Zutaten wie Kokospulver oder Ananas für asiatische Gerichte wie Bata Chicken oder Thai Curry sind nur schwierig regional zu beziehen. „Wir haben natürlich globale Lieferanten, arbeiten aber zum Beispiel auch mit einem Gemüsehändler in Twistringen zusammen“, betont der studierte Lebensmitteltechniker Lehrke.

Im nächsten Arbeitsbereich nach der Lagerung hängt ein Zettel mit einer bestellten Rezeptur an der Wand. Geplantes Endprodukt: Grüner Bohneneintopf. Die Mitarbeiter befüllen voluminöse Boxen mit den entsprechenden Zutaten. „Hier sind es geschnittene Zwiebeln, es können aber auch Karotten, Kartoffeln oder Paprikastücke sein, die dann noch mit einer Gewürzpaste versetzt werden“, erklärt Lehrke.

Bis zu 400 Dosen pro Minute füllen

Bei den Eigenmarken des Handels geben die Kunden den Rahmen und teilweise auch die Details für die Rezepte vor. „Wir produzieren auftragsbezogen“, sagt Geschäftsführer Witte beim Rundgang. So könnte der grüne Bohneneintopf mal mehr rote Zwiebeln, mal mehr Rindfleisch enthalten, um sich von ähnlichen Produkten der Konkurrenz abzuheben. Es gibt aber auch ein eigenes Entwicklungscenter bei Buss. „Wir versuchen schon auch, unsere Produkte nach den Bedürfnissen der Kunden weiterzuentwickeln“, berichtet Andreas Witte.

Beim Rundgang geht es vorbei an einem riesigen Pürierstab, der Soßenfonds anrührt, in den Bereich mit Mischkesseln, die zwischen 2000 und 4000 Kilogramm fassen. Um hineinsehen zu können, muss man auf eine Treppe steigen. Rechts unten wühlen sich die Mixer durch eine Chili-Mischung, links ist ein Brokkoli-Gratin. „So arbeitet man sich vom Anfang der Fabrik im Produktstrom in Richtung der Füll- und Kochaggregate“, erklärt Lebensmittelexperte Lehrke.

Fleisch und Gemüse sowie Frischeprodukte in Schalen und die Konserven werden in der Fabrik in jeweils verschiedenen Produktionssträngen verarbeitet. Im Konservenbereich gehen die Prozesse schneller, bis zu 400 Dosen pro Minute kann das Unternehmen abfüllen.

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Wachstumsmarkt für Buss sind die gekühlten Fertiggerichte und die Eigenmarke in der Faltschale, „Youcook“, hatte Geschäftsführer Sodeikat bereits vor dem Rundgang wissen lassen. Also steht der Kurs bei den Ottersbergern auf Expansion, Investitionen im zweistelligen Millionenbereich sind geplant – trotz oder gerade wegen des auch bei Buss grassierenden Fachkräftemangels. „Das Werk ist an seinen Kapazitätsgrenzen angekommen, deshalb werden wir in Flächen, Maschinen und neue Technologien investieren“, berichtet der Manager.

Eine gute Nachricht wohl auch für den Standort Ottersberg: Eine Verlagerung der Produktion ins Ausland war und ist bei Buss Fertiggerichte kein Thema.

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